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Vereinbarkeit von Karriere und Familie

Vereinbarkeit von Karriere und Familie

Es ist 9 Uhr morgens. Ich sitze am Computer und schreibe diesen Text.

Seit drei Stunden bin ich schon wach, bin sieben Kilometer quer durch die Stadt geradelt, um das große Kind in die Kita zu bringen. Habe schon Snackboxen gepackt und einen Wutanfall in der Tiefgarage begleitet, weil das große Kind unbedingt an der Schnur zum Öffnen des Tiefgaragentores ziehen wollte. Habe das Baby ein zweites Mal umgezogen, weil die Windel wieder ausgelaufen ist und trinke nun einen besonders starken Kaffee, damit die Müdigkeit der kurzen Nacht verfliegen möge.

Mein aktueller persönlicher Akkustand: 55% – und ich hoffe, das reicht bis zum Ende des Arbeitstages.

Ich kann mich noch sehr gut an die Tage erinnern, als ich als kinderlose Mit-Zwanzigerin im Büro saß und meine Teilzeitkolleginnen mit Familie sich um 13:30 Uhr verabschiedet haben, um Feierabend zu machen. Die haben es gut, dachte ich oft. Jetzt schon fertig mit der Arbeit.

In unseren Teamworkshops und Führungskräfteprogrammen kommen diese Themen in letzter Zeit immer häufiger zur Sprache: „Wir brauchen mehr Frauen in verantwortungsvollen Positionen!“ oder „Wir brauchen mehr Frauen in Vollzeit!“

Es ist mittlerweile bei den meisten Arbeitgebern angekommen, dass es die passenden Strukturen braucht, um gerade Frauen mit Familien in Führungspositionen und in Vollzeitstellen zu beschäftigen. Flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeit, Kita-Zuschüsse und „Shared Leadership“ sind dabei Maßnahmen, an die zunächst gedacht wird.

Aber es gehört noch mehr dazu.

Wie ist der Umgang im Team, wenn die Kollegin spontan ausfällt, weil das Kind krank ist oder die Kita wegen Personalmangel tageweise schließen muss? Welche Gedanken haben die Väter, wenn sie an Elternzeit denken? Welche Vorbilder gibt es in der Organisation, die die Vereinbarkeit von Karriere und Familie wirklich leben? Was denke ich als Führungskraft über meine Mitarbeiterin, wenn sie mir sagt, dass sie schwanger ist?

Als Organisationsentwickler:innen helfen wir dabei, diese (oft unbewussten) Gedanken der Teams und Führungskräfte besprechbar zu machen. Den Austausch zu fördern, um strukturelle Änderungen angehen zu können, einen Perspektivwechsel zu ermöglichen und passende Lösungen zu finden. Gutes Zuhören und echtes Interesse aneinander sind hierfür der Schlüssel.

Und wenn ich heute im Büro sitze und die Teilzeit-Kolleg:innen mit Familie sich um 13:30 Uhr in den „Feierabend“ verabschieden, hoffe ich sehr, dass ihr Arbeitstag ihnen viel Energie gegeben hat, denn zu Hause wartet der (meist) viel härtere Job auf sie.

Herzliche Grüße
Tamara Trommer & das OrgWerk Team