
In Zeiten, in denen Krisen und Konflikte unsere Welt durchziehen, wünschen wir uns mehr denn je Verständigung und Dialogbereitschaft.
Kommunikation ist unser Alltag. Auch im Job. Und dass kluge Entscheidungen, Wissenstransfer und Innovation auf offenem Gedankenaustausch und guten Gesprächen basieren, wissen wir auch.
Dennoch blockieren allzu oft Missverständnisse, Interessenskonflikte und Widerstände eine konstruktive Zusammenarbeit, weil Informationen zwischen Menschen und Teams nicht frei fließen können.
Eine lebendige Dialogkultur im Unternehmen oder im Team zu fördern, kann Vertrauen aufbauen, Verständnis schaffen und ermöglicht so ungeahnte Kreativität und Innovation.
Wie können wir die „Dialogfähigkeit“ in Organisationen steigern?
Der amerikanische Autor William Isaacs*) beschreibt elementare dialogische Fähigkeiten, die sich in Gruppen lernen und üben lassen.
Vor allem die Qualität des Zuhörens beeinflusst die Güte eines Gesprächs. Im Dialog geht es darum zuzuhören und gleichzeitig die eigenen inneren Bilder, aufkommenden Reaktionen und Widerstände wahrzunehmen und während des Zuhörens zu reflektieren – eine große Herausforderung für unsere Selbstwahrnehmung, denn unser Denken ist verankert in eingefahrenen Bahnen und Mustern.
Sobald es uns gelingt, aufmerksam, neugierig und mit großem Interesse zuzuhören, ohne uns gleichzeitig in eigenen Gedanken und Gefühlen zu verfangen, entsteht Raum für Verständigung und Neues.
Wenn wir im Dialog andere respektieren, nehmen wir die ersten Informationen nicht als final gegeben hin. Das Gesagte wird von uns nicht sofort bewertet. Wir schauen vielmehr erneut hin, fragen nach und berücksichtigen auch das, was sich auf den zweiten oder dritten Blick zeigt. Wir sind gefordert, andere in diesem Moment tatsächlich wahrzunehmen und sie immer wieder neu und anders zu sehen.
Zum Dialog gehört es, Annahmen, Emotionen und Urteile möglichst in der Schwebe zu halten, um eine tiefe und ergiebige Diskussion zu ermöglichen. Wir lassen uns mit der eigenen Antwort Zeit und verlangsamen unser Denken. Andere, weiterführende Fragen und neue Gedanken werden möglich. Ein bewusster, entschleunigter Austausch ist Voraussetzung für Kreativität und Innovation.
Aus einer dialogischen Grundhaltung heraus können wir die innere Selbstzensur überwinden und bringen uns ungeschönt und als ganzer Mensch ein. Dazu gehört, möglichst alles auszusprechen: das, was uns bewegt und beschäftigt, ebenso wie das, was noch nicht zu Ende gedacht ist oder der herrschenden Meinung widerspricht. Diese innere Selbstzensur zu überwinden, ist für sich schon eine dialogische Übung.
Die dialogischen Fähigkeiten entfalten ihre Wirkung erst im Zusammenspiel. Voraussetzung ist die Bereitschaft, sich darauf und aufeinander einzulassen. Den Rahmen dafür setzen wir, indem wir selbst „dialogisch“ kommunizieren, also aufmerksam zuhören, die Person und das Gesagte respektieren, vorschnelle Annahmen und Urteile vermeiden und neue Gedanken zulassen.
Lasst uns in Gesprächen und Diskussionen des Alltags bewußt den Dialog ausprobieren, um damit sowohl unsere eigene Dialogfähigkeit als auch die der anderen zu stärken.
*) „Dialog als Kunst gemeinsam zu denken“, von William Isaacs, EHP, Gevelsberg